Der Todessprung am Wasserfall

Einst saßen die Söldner des Neuerburger Grafen in der Burgmühle zusammen und feierten einen Sieg ihres Herrn. Während sie eifrig dem süßen Weine zusprachen, prahlten sie mit Erlebnissen aus ihren Kämpfen und Kriegszügen. Jeder wollte größere Heldentaten als der andere vollbracht haben. Dazwischen ließen sie Kriegslieder erschallen, daß die nahen Berge widerhallten.

Ein junger Söldner, der noch von keinen Kriegsabenteuern berichten konnte, bot sich in übermütiger Laune an, jedes Wagnis zu vollbringen. Da rief ihm ein ergrauter Söldner höhnend zu, er möge einmal vom Mühlenfelsen mit seinem Rosse den Sprung in die Tiefe wagen.

Der Wein war dem jungen Mann zu Kopfe gestiegen, und ohne sich lange zu besinnen, sattelte er sein Pferd. Dann ritt er zur nächtlichen Stunde den Hügel hinauf, dessen Ausläufer zur Mühle führen. Hier gab er seinem Pferd die Sporen und raste über den schmalen Felsgrat dem Wasserfall zu.

Seine Zechgenossen standen vor der Mühle und sahen Roß und Reiter wie einen flüchtigen Schatten in den tosenden Abgrund des Wasserfalles stürzen. Ein dumpfer Fall, dann hörte man nur mehr das eintönige Donnern des Wassers. Die Söldner eilten hinab und fanden ihren jungen Kameraden zerschmettert in den Fluten der Enz.

Stumm gingen sie von dannen und unterließen fürderhin das lügnerische Prahlen.

(c) 1966 - Hans Theis, Neuerburg

 

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