Eulenspiegel auf dem Neuerburger Markt

Die Bauern von Dahnen besaßen viele Pferde und Esel. Aber niemand wollte ihnen die Tiere auf dem Markt abkaufen, denn sie waren allzu knochig und mager.

Eines Tages gingen sie mit Kummer zu Till Eulenspiegel. Der Schalk versprach, ihnen zu helfen. Sie sollten nur mit ihren Kleppern und Grautieren zum nächsten Neuerburger Markt fahren.

In der Frühe des Markttages zogen die Diekircher und Viandener Händler zuerst mit ihren wohlgenährten, schmucken Pferden und Eseln zum Stadttor herein. Ganz Neuerburg war auf den Beinen, um diese Prachttiere zu sehen. Endlich kamen auch die Dahnener mit ihrem Vieh angefahren. Als man die mageren Tiere erblickte, überschüttete man deren Eigentümer mit Spott und Gelächter. Die Zuschauer drängten sich um die Bauern von Dahnen und ihre Tiere. Auch die Händler aus Diekirch und Vianden kamen herbeigeeilt, um sich über die Bauern von Dahnen lustig zu machen.

Währenddessen hatte sich Eulenspiegel unbemerkt in die Küche eines Hauses eingeschlichen, wo eben dicke, ungeschälte Kartoffeln im heißen Wasser dampften. Rasch warf Eulenspiegel die heißen Kartoffeln in einen Sack, den er unter dem Mantel trug, und kehrte auf den Markt zurück. Kein Mensch wachte bei den Tieren aus Diekirch und Vianden. So konnte Eulenspiegel unbemerkt heranschleichen und jedem Tier eine brühheiße Kartoffel unter den Schwanz legen. Dann mischte er sich mit dem unschuldigsten Gesicht der Welt unter die Zuschauer bei dem mageren Vieh.

Inzwischen war bei den anderen Tieren etwas sehr Schlimmes geschehen. Denn als die armen Tiere den Brand fühlten, zogen sie den Schwanz und damit die heiße Kartoffel noch fester an sich heran. Und da sie sich nicht anders helfen konnten, rissen sie sich von den Riemen und Stricken los und rannten wie besessen und rasend davon. Jetzt erst merkten die Leute aus Diekirch und Vianden das Unglück und liefen schimpfend hinter ihrem flüchtenden Vieh her. Allein, die von Schmerz gequälten und ganz wild gewordenen Tiere liefen schnurstracks ihrem heimatlichen Stall zu.

Auf dem Markte aber blieben nur mehr die dürren Esel und Gäule der Bauern aus Dahnen. Die fremden Händler, die sehr weit hergekommen waren, mußten nun dieses magere Vieh zu einem ziemlich hohen Preis kaufen, wenn sie nicht vergebens gekommen sein wollten. Vergnügt zogen die armen Bauern aus Dahnen nach Hause und zahlten Eulenspiegel einen hohen Lohn für seine Dienste.

© 1966 Hans Theis, Neuerburg

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