Eine kleine Betrachtung zur Siedlungsgeschichte unserer Heimat
Dreißig Jahre lang führt Karl der Große einen erbitterten Kampf gegen die Sachsen, die sich weder seiner Herrschaft noch der Botschaft des Christentums beugen wollten. Um den Trotz dieses Volkes zu brechen, tat er etwas, was moderne Diktatoren in perfekter Form zu handhaben verstehen, er siedelte die Menschen um. Im großen fränkischen Reich gab es noch genügend Gebiete, die der Rodung harrten. Zu diesen Gebieten gehörte auch der "Ösling" oder "Isleck", das Gebiet um Neuerburg. Diesen von einem verfilzten Urwald bedeckten und landwirtschaftlich unergiebigen Raum hatten fränkische Siedler bis dahin nur wenig in Anspruch genommen. Das beweisen uns schon die Ortsnamen, denn die ältesten fränkischen Siedlungen tragen die Endungen auf -heim, -dorf, und -ingen. Sie sind fast ausschließlich im Gutland des Bitburger Raumes zu finden. Im Isleck häufen sich dagegen die Namen auf -hausen.
Nach Auskunft der Ortsnamensforscher sind diese Orte vornehmlich im 8. Jahrhundert entstanden, zur Zeit also, da der Frankenkaiser die Umsiedlung der Sachsen betrieb. Als spezielle Sachsensiedlungen werden die Namen auf -er angesehen. Zu diesen rechnen im Gebiet um Neuerburg die Orte Bauler, Affler, Nieder- und Obergeckler. Sogar ein Dorf "Saxenhausen" bestand nördlich von Emmelbaum bis zum Dreißigjährigen Kriege; heute ist dort nur mehr ein einzelnes Gehöft gleichen Namens zu finden. Auch der Name "Ösling" könnte auf eine sächsische Besiedlung hinweisen, denn im Mittelalter noch wird ein Gebirgszug im alten Sachsenland mit "Osning" bezeichnet.
Die sächsischen Neusiedler werden vermutlich innerhalb weniger Generationen ihre eigene Sprache verloren und sich des vorherrschenden Moselfränkischen bedient haben. Es sollte jedoch wundern, wenn nicht einzelne Sprachreste erhalten geblieben sind. So finden wir in der Gegend nördlich von Neuerburg das Wort "reed" für "fertig", ein Ausdruck, der im Moselfränkischen unbekannt ist. Er kann jedoch unschwer mit dem englischen (angelsächsischen) "ready", das die gleiche Bedeutung hat, in Verbindung gebracht werden. Das gleiche gilt für den hier gebräuchlichen Mundartausdruck "kalen", der für "sprechen" steht und im Englischen als "call" in Erscheinung tritt. Weitere Übereinstimmungen zwischen dem Sachsenland und unserem Gebiet der Eifel können in Formen des Brauchtums gefunden werden. Das heute noch in der Westeifel sehr gebräuchliche Eierkippen (Schlagen der Eierspitzen gegeneinander) und das Schattern (Rollen der Eier durch eine Rinne aus Baumrinde) zur Osterzeit sind hier wie dort bekannt.
© Hans Theis, Neuerburg