Die Bitburger Geißenströpper

Es war in dem großen Kriege, den man den Dreißigjährigen nennt. Damals erschien unverhofft eine Schar schwedischer Reiter vor den Toren der Stadt Bitburg und begehrte Einlaß.

Die Bitburger verweigerten die Übergabe, worauf der Feind die Stadt einschloß und belagerte.

Es kam nun eine harte Zeit für die Bitburger; denn nach wenigen Wochen waren fast alle Lebensmittel aufgebraucht, und die Not war täglicher Gast an den Tischen der Bürger. Schließlich mußten sie sogar die Ziegen schlachten, deren Milch sie bis dahin ernährt hatte

Schon wollte der Rat der Stadt Bitburg die Übergabe an den Feind beschließen, als ein Ratsherr noch einen letzten Vorschlag unterbreitete. Auf seine Anweisung hin bekleideten sich die jungen Burschen der Stadt mit den Fellen der geschlachteten Ziegen. Die gehörnten Köpfe der Tiere befestigten sie an Stangen. Dann stiegen die Jungen auf die Mauer der Stadt und wandelten in langer Prozession, gebückt und die Köpfe auf den Stangen schwenkend, im Angesichte des Feindes langsam um die Stadt.

Die Feinde waren zugleich erstaunt und entsetzt, als sie die vermeintlichen Ziegen wohlgenährt und ihnen zum Spotte wie eine Geisterprozession über die Mauern Spazierengehen sahen. Das könne nicht mit rechten Dingen zugehen, mutmaßten die Schweden und hoben die Belagerung auf.

Die List der klugen Bitburger wurde überall schnell bekannt, weshalb man sie, mehr mit Anerkennung als mit Spott, die "Geißenströpper" nannte.

©  Hans Theis, Neuerburg